Was für ein Tag

Es sollte wohl einer der schwierigsten Tage im Auto werden. Die ersten 50 km verliefen noch recht normal. Nach ca. 30 km häuften sich die Wasserlöcher auf der Straße. Kämpfte mich zum Teil durch den Busch an ihnen vorbei und fragte mich, wann ich wohl das erste Mal stecken bleiben würde. Und nach diesen 50 km war dann Schluss. Zwar bin ich nicht stecken geblieben, aber die Straße war von zwei steckengebliebenen Lkws blockiert, die gerade entladen wurden, damit sie besser wieder heraus kommen. 

Es war um 10 und ich dachte mir, weit werde ich nicht mehr kommen heute, aber wenn die beiden wieder flott sind komme ich bestimmt noch bis Dodoma. Nach 2 Stunden sah die Sache noch nicht viel besser aus. Die Lkws waren leer und wurden frei geschaufelt. Ein wenig später schickte mein Schutzengel, der vorhersehend sah, daß ich auf den nächsten Kilometern allein wohl einige Probleme hätte, einen  Tansanianer vorbei. Maulid (rechts). Er ist Primary School Teacher hier in Kondoa. Er wolle nun zurück und meinte, dies hier wird noch über 3 Stunden dauern. Ich studierte die Karte. Fand eine Umgehungsroute. Vergewisserte mich bei Maulid, ob sie befahrbar ist. Er meinte, mit diesem Jeep schon und ich wendete. Maulid nahm ich bis zum Abzweig mit. Eigentlich hatten mich bisher diese Wasserlöcher immer zum Abwarten animiert. Nun mußte ich wieder um sie herum oder durch. Fuhr wieder meine Route zurück und blieb an einem Wasserloch stecken. Was heißt, blieb stecken. Die zwei Räder der linken Seite standen fast voll unter Wasser und auf meiner Seite lief die Suppe ins Auto. War schon bei der Herfahrt froh gewesen hier mit ach und krach durchgekommen zu sein. Ich fluchte. Es tat sich nichts mehr. Stieg aus dem Auto aus und stand in der lehmigen Brühe. Die Räder steckten unter Wasser bis zur Hälfte im Modder. Der Boden drunter fest, aber es war alles wie Schmierseife. Mein erster Gedanke war weiter nach vorn raus zu probieren, aber der Rückweg war doch erst mal kürzer. Abschleppseil raus. Damit konnte Maulid vom trockenen ziehen. Half nichts. Beil raus. Holz machen und unter die Räder. Er bewegte sich. Aber nicht lang genug. Jetzt mussten meine Decken ran. Zum Glück hatte ich mir in Pakistan noch zwei gekauft. Schweren Herzens titschte ich sie in die Brühe und schob sie unter die Räder. Nach ca. 5 Minuten stand ich dann endlich wieder im trockenen. Maulid war von oben bis unten voll bespritzt und sah aus, als ob er gerade aus der Suhle gekommen wäre. Aber er war die notwendige Hilfe. Allein hätte die Sache bestimmt etwas anders ausgesehen. Wir fuhren ein Stück weiter bis sauberes Wasser kam und wuschen erst mal alles wieder.  Nach wenigen Kilometern kam mein Abzweig. Gab Maulid 5 $ und spendierte noch eine Cola, während er es sich nehmen ließ, mir Kekse zu kaufen.

Wenig später fuhr ich weiter. Ich kam mir vor als ob ich auf einem Wanderweg auf dem Rennsteig fahre. Viel Platz war nicht. Es ist auch nur ein Weg durch den Busch. 

Kam an kleinen Buschdörfern vorbei und alles äugte und winkte mir nach. Aber die Sonntagsfahrt hatte bald sein Ende. Vor 45 Minuten aus dem Wasserloch mit letzter Mühe gekommen, sah ich nun den Weg auf mehr als 500 m unter Wasser. Ich bekam das große Zweifeln, ob der Weg für mich wirklich befahrbar sei. 

Und so marschierte ich vorsichtig, wie ich nun geworden bin, Wasserloch für Wasserloch zu Fuß ab, bevor ich den Jeep durch manövrierte. War auch besser so, denn die es war wirklich nur eine Fahrspurbreite fester Untergrund da. Stück für Stück, mal links, mal rechts oder mitten durch, kämpfte ich mich von Wasserloch zu Wasserloch. Bis dann nur noch zwei vor mir waren. Und die hatten es dann in sich. Ich watete das erste ab, stand bis über die Knie im Wasser (80 cm wie ich abends nachmaß) und stellte fest, das die Wasserlöcher keine sind, sondern sich hier Weg und Fluss kreuzen. Meine Frage war nun, ab wann saugt der Motor keine Luft, sondern Wasser an? Ich weiß es nicht und erinnerte mich nur an die Fahrspuren im Sand. Suchte die flachsten Stellen und den griffigen Untergrund, der nicht immer die flachste Stelle war. Ich stellte mich vor meinen Einzelkämpfer und stellte fest, die Stoßstange ist weg. Die Räder unter Wasser und zur Tür käme auch wieder alles rein. Die Räder waren vorhin auch fast weg. Was soll's. Helfer standen genügend rum, denn neugierig beäugten mich die Buschbewohner. Viele aus der Ferne und einige nah. Ich stieg ein. Fuhr los. Hatte guten Griff im Sandbett. Und dann dachte ich, ich schwimme. Das waren die 80 cm über ca. 10 m. Der Motor kämpfte nun nicht mehr gegen den Luftwiderstand. Er schob das Wasser vor sich her. Ich ahnte schlimmes. Nur nicht stehen bleiben. Schlingerte mich durch und der Kühler schob sich wieder aus dem Wasser. Ich stand im trockenen. Das gleiche dann noch einmal, aber nun mit der Erfahrung der ersten  Durchquerung. Die mir auch gut tat, den nun ging es nicht nur in gerader Linie durch. Ich mußte regelrecht die Optimalroute abstecken und dann abfahren. Als ich durch war, war mein Hemd klitschnass. Nicht vom Wasser. Auch nicht vom Schwitzen unter der brennenden Sonne. Es war der Angstschweiß doch stecken zu bleiben.

Als ich wieder auf "normaler Straße" war, kamen dann die Erinnerungen an Pakistan. Fluss durchquert. Welch tolles Gefühl das damals war. War auch toll, aber nichts gegen heute. Auch heute war es hinterher ein tolles Gefühl. Aber diesen Nervenkitzel brauche ich nicht und hoffe auf bessere Straßen. 

 

Und wenn ihr fragt, wo sind die Fotos als ich stecken blieb. Gibt es nicht. Im ersten Moment hatte ich anderes im Kopf. Als mir die Fotos in den Sinne kamen, habe ich bereits in dem Wasserloch gebadet, die Jeans abgelegt und lief nur noch schlammbeschmiert und klitschnass in Unterhose und T-Shirt rum. Im Jeep sah es aus wie Sau. Überall in der Nähe des Fahrersitzes Nässe und Schlamm. Ich war in diesem Moment froh, daß die Kamera doch wohlverpackt war. Und außerdem reicht es, wenn ihr über die 2 LKW´s lacht und nicht noch über mich. 

Nach Dodoma bin ich heute nicht mehr gekommen und suchte mir wieder ein Nachtlager im Busch.

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